Autismusshirt

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Donnerstag, 24. September 2015

AUTISTEN UND DIE POLIZEI

ANMERKUNG:
Die Beiträge. die eine Überschrift in Großbuchstaben haben, sind in enger Zusammenarbeit mit der Autistin Marianne van der Arend entstanden, der es - wie auch mir - extrem wichtig ist, dass neurotypische ("normale") Menschen über Autismus und Menschen mit Autismus aufgeklärt werden. Leider fehlt auch in wichtigen Berufsgruppen noch hinreichende Informationen und Aufklärungen, so dass es zu fatalen Fehleinschätzungen kommen kann.


Autisten und die Polizei
Marianne van der Arend, Erwachsene mit klassischem (frühkindlichem) Autismus hat im vergangenen Jahr einen Vortrag vor 150 Kriminalbeamten gehalten.
Man mag sich fragen, was hat eine Autistin in einer Polizeischule zu suchen?
Lesen Sie folgende Beispiele und die Frage beantwortet sich von selber.
Beispiel 1
Ein Autist beobachtet einen Raubüberfall auf ein Juweliergeschäft und wird anschließend von der Polizei als Zeuge befragt. Die Polizei stellt Fragen, die auf die Beobachtungsgabe neurotypischer Menschen zugeschnitten sind, die einen Überblick über die Gesamtsituation haben. Sie fragt z.B.: „Wie viele Räuber haben das Geschäft verlassen?“
Auf diese Frage kann dieser Mann mit Autismus nicht antworten, weil er seine Aufmerksamkeit kaum auf Menschen richtet, so dass die Polizei ihn nicht mehr weiter befragt, weil sie ihn als Zeugen für wertlos hält.
Der Autist jedoch könnte sehr wohl weiter helfen bei der Suche nach dem Fluchtauto - selbst unter der Voraussetzung, dass das Nummernschild mit aller Wahrscheinlichkeit ausgetauscht worden war. Denn ein Autist merkt sich die Details: Er könnte genau einen winzigen Sticker auf dem Auto der Räuber beschreiben, er könnte angeben, dass der Auspuff nicht in Ordnung war, er könnte darauf aufmerksam machen, dass der Motor eigenartige Geräusche von sich gegeben hat und welche Ursache das hat, er könnte genau aussagen, welche Reifen wie weit  abgenutzt waren und welche nicht.
Aber danach würden die Kriminalbeamten kaum fragen, es sei denn, sie seien durch eine Fortbildung sensibilisiert dafür, dass sie einen Autisten vor sich haben und die Kenntnis, dass dieser durchaus wertvolle Angaben zur Aufklärung des Falles machen kann - allerdings andere als die üblichen.
Um das noch einmal zusammen zu fassen: Autisten haben auf Grund ihrer anderen Wahrnehmung kaum die Möglichkeit, einen Überblick über eine Gesamtsituation zu gewinnen; dafür jedoch erfassen sie präzise Details, die neurotypischen Menschen überhaupt nicht auffallen.

Eine Frau mit Autismus könnte nichts über die Gesichter der Räuber erzählen, wüsste aber jedes Detail über deren Bekleidung. Sie könnte genau sagen, wenn ein Knopf gefehlt hätte, wenn ein Kleidungsstück an einer Stelle eine Reparaturnaht aufwiese. Sie könnte angeben, um welche Modelle es sich bei den Kleidungsstücken handelt und in welchem Jahr diese gekauft worden sind. Auch diese Frau nimmt anders wahr als neurotypische Menschen, könnte jedoch Informationen geben, die durchaus sehr wichtig sein könnten, um die Bankräuber zu finden oder um ihnen die Tat nachzuweisen.

Beispiel 2
Ein autistischer Jugendlicher steht auf einem Weg und beobachtet fasziniert Flugzeuge. Plötzlich hält neben ihm ein Polizeiauto, was den jungen Mann sehr erschreckt, weil er so intensiv in Gedanken und Schauen versunken war. Deshalb rennt er fort, was die Polizei veranlasst, zu vermuten, er habe einen Grund, vor der Polizei zu fliehen. Als die zwei Beamten ihn erwischt haben, halten sie ihn fest, was für viele Autisten das Schlimmste ist, was man ihnen antun kann. Dadurch schraubt sich die Spirale hoch. Denn jetzt schreit und wehrt der junge Autist sich nach Leibeskräften, tritt um sich, kratzt und beißt. Das wiederum werten die Polizisten als heftigen Widerstand gegen Vollzugsbeamte, nehmen ihn fest und bringen ihn gewaltsam in Polizeigewahrsam. Der völlig unschuldige junge Mann, der nur so reagiert hat, weil die beiden Ordnungshüter ihn aus Unwissen falsch angefasst haben, muss drei Tage in Haft verbringen.
Allerdings war diese Situation für beide Seiten fatal. Zunächst haben sie aus ihrer jeweiligen Wahrnehmung heraus plausibel reagiert. Jedoch auf der Polizeiwache wäre es erforderlich gewesen, dass Polizeibeamte auf Grund entsprechender Kenntnisse den jungen Mann als Autisten erkannt hätten, um sein Verhalten im Nachhinein angemessen einzuordnen. Dann wäre ihm viel Leid erspart geblieben durch die Haft, die tiefgreifende Ängste bei dem unschuldigen Autisten aus

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